Pflicht zur korrekten Leistungsabrechnung
Die Verpflichtung zur korrekten und peinlich genauen Abrechnung gehört zu den Grundpflichten eines jeden Vertragszahnarztes (BSG, Urteil
vom 24.11.1993, AZ: 6 RKa 70/91). Hierunter versteht man die Pflicht des Zahnarztes zum korrekten Eintrag der ordnungsgemäß erbrachten Gebührenposition in den Behandlungsschein des Versicherten und zur entsprechenden Abrechnung gegenüber der KZV.
Bedingt durch das im System der gesetzlichen Krankenversicherung bestehende Vertrauen auf eine sorgfältige und richtige Abrechnung, wird bereits die fahrlässige Nichtbeachtung mit empfindlichen Disziplinarmaßnahmen geahndet.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass auch auf Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen basierende falsche Abrechnungen eine vertragszahnärztliche Pflichtverletzung in Form des Verstoßes gegen das Gebot der peinlich genauen Abrechnung darstellen und zu einer Entziehung der Zulassung führen können, wie das BSG in seinem Urteil vom 20.10.2004, AZ: B 6 KA 67/03 R, bestätigt.
Eine Falschabrechnung liegt immer dann vor, wenn nicht sämtliche Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt waren, die Leistungsposition dennoch angesetzt wurde und der unberechtigte Ansatz nicht ohne weiteres aus dem Abrechnungsschein erkennbar ist.
So bestätigte das Landessozialgericht Bayern in seiner Entscheidung vom 29. November 2000, Az. L 12 KA 504/99 die Verhängung einer Geldbuße wegen der (unzulässigen) Abrechnung von Inlays als Teilkronen.
In diesem Zusammenhang muss der Zahnarzt auch sein Personal besonders sorgfältig überwachen, da er für Fehler von Hilfspersonen einzustehen hat (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 7. September 1994, Az. L 5 KA 496/93).
Verstoß gegen Wirtschaftlichkeitsgebot
Von einem Disziplinarverfahren können auch diejenigen Zahnärzte betroffen sei, die wegen ihrer unwirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungsweise in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren (§ 106 SGB V) vor den Prüfungs- bzw. Beschwerdeausschüssen in ihrer Abrechnung gekürzt werden.
Maßgeblich für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens ist jedoch, dass der Zahnarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in dauerhafter Art und Weise verstoßen hat. Dies ist dann anzunehmen, wenn in mindestens drei aufeinander folgenden Quartalen, die Unwirtschaftlichkeit festgestellt worden ist.
In seiner Entscheidung vom 8. März 2000, Az. B 6 KA 62/98 R machte der 6. Senat des Bundessozialgericht nochmals deutlich, dass der fortdauernde Verstoß eines Vertragszahnarztes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen rechtfertigt, sondern dass der Verstoß sogar Grundlage für die Entziehung der vertragszahnärztlichen Zulassung sein kann.
Verletzung von Mitwirkungspflichten
Eine weitere wichtige vertragszahnärztliche Pflicht ist die Mitwirkungspflicht gemäß § 3 Absatz 7 der Satzung der KZV Berlin.
Durch sie wird der Zahnarzt zur Vorlage von Unterlagen, Dokumenten etc. sowie zur Auskunftserteilung und zur Erläuterung hinsichtlich prüfrelevanter Sachverhalte verpflichtet.
Eine Mitwirkungspflicht der Zahnärzte liegt also immer dann vor, wenn ein Prüfungsrecht der KZV besteht und die Mitwirkung zur Beseitigung von Unklarheiten seinerseits erforderlich ist.
So geschehen in Thüringen: Dort wurde ein Zahnarzt wegen Behinderung der Arbeit des Prüfungsausschusses durch seine fehlende notwendige Mitarbeit disziplinarrechtlich geahndet. Das Sozialgericht Gotha bestätigte diese Entscheidung (Urteil vom 29. September 1994, Az. S 7 KA 418/94).
Präsenzpflicht
Wie schon aus dem Wortlaut deutlich wird, umfasst die Präsenzpflicht, dass der Zahnarzt während eines entsprechenden Zeitrahmens (Sprechstundenzeit) am Vertragszahnarztsitz für die zahnärztliche Versorgung der Versicherten – persönlich – zur Verfügung stehen muss (§ 24 Abs. 2 der Zulassungsverordnung - Zahnärzte).
Verletzung des Sachleistungsprinzips
Grundsätzlich ist der Zahnarzt verpflichtet, seine Behandlungsleistung als Sachleistung, das heißt für den Kassenpatienten gänzlich kostenfrei, zu erbringen.
Ausnahmen hiervon bilden u. a. die Fälle des Nichtvorlegens der Versicherungskarte (§ 8 Absatz 7 Bundesmantelvertrag - Zahnärzte) sowie die Fälle freiwillig gesetzlich Versicherter, die die Kostenerstattung nach § 13 Absatz 2 SGB V wählen.
Werden demnach Kassenleistungen unzulässig privat abgerechnet oder Zuzahlungen für Leistungen verlangt, die zum Kernbereich der vertragszahnärztlichen Versorgung gehören, so stellt dies eine disziplinarrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung des Zahnarztes dar.
Unzulässig ist die private Abrechnung dann nicht, wenn der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden und dies dem Zahnarzt schriftlich bestätigt. Die Initiative muss demnach vom Versicherten selbst ausgehen. Dabei kann der Wunsch des Versicherten die Zulässigkeit einer Privatabrechnung nach der GOZ nur rechtfertigen, wenn dieser nach einer inhaltlich richtigen und umfassenden Aufklärung durch den Zahnarzt erfolgt und ohne unsachgemäße Motivation zustande kam.
Zudem ist die Vereinbarung einer Privatbehandlung mit Kassenpatienten nur vor Eintritt des Behandlungsfalls, das heißt vor Untersuchung und Diagnoseerstellung, nicht jedoch vor Erbringung einzelner Behandlungen zulässig (Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2001, Az. B 6 KA 67/00 R).
Disziplinarrechtlich relevant ist darüber hinaus auch der Fall, in dem neben der Behandlung nach dem Sachleistungsprinzip ein Entgelt, z. B. Zuzahlung für nicht kostendeckende Kassenvergütung, verlangt wird (Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2001, Az. B 6 KA 36/00 R).
Umgehung von Budgetgrenzen
Zusammenwirken mehrerer Zahnärzte zum Zwecke der Umgehung von Budgetgrenzen
Nach wie vor ist, meistens bei Praxisgemeinschaften, zu beobachten, dass Zahnärzte sich gegenseitig missbräuchlich Patienten zusenden, um infolge der „gemeinsamen“ Behandlung der Patienten das Honorar zu erhöhen.
Durch diese Vorgehensweise (sog. Doppelabrechnung) werden Leistungen angesetzt, deren Abrechnung nebeneinander nach der Gebührenordnung nicht zulässig gewesen wäre, es werden Pauschalgebühren doppelt verdient oder Mengenbegrenzungs- und Abstaffelungsregelungen im Honorarverteilungsmaßstab umgangen.
Im Bereich der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) hingegen täuschen Zahnärzte immer wieder den Zulassungsausschuss und die KZV mit der Figur der "Scheinsozietät" oder auch des "verdeckten Anstellungsverhältnisses", um in den Genuss einer günstigeren Behandlung bei der Honorarverteilung zu kommen.
Tatsächlich besteht beispielsweise eine Einzelpraxis, deren angestellten Zahnärzte missbräuchlich gegenüber dem Zulassungsausschuss als gleichberechtigte Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft ausgegeben werden. So wird die vertragszahnärztliche Zulassung der BAG erschlichen und von der KZV entsprechend ein günstigerer HVM-Faktor bei der Honorarverteilung zugrunde gelegt.
Der Praxisinhaber bereichert sich damit auf Kosten der vertragszahnärztlichen Kollegenschaft - und rechnet gleichzeitig Leistungen von nicht genehmigten angestellten Zahnärzten ab, womit er zusätzlich gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstößt.
Diese Fälle stellen auch Verletzungen von vertragszahnärztlichen Pflichten dar und werden disziplinarrechtlich verfolgt.
Persönliche Leistungserbringung
Die Verpflichtung des Zahnarztes zur persönlichen Leistungserbringung ist der Verantwortung aus seiner vertragszahnärztlichen Zulassung geschuldet und überschneidet sich mit der zahnärztlichen Präsenzpflicht.
Der Zahnarzt muss grundsätzlich die Versicherten höchstpersönlich behandeln. Die zulässige Delegation an zahnärztliches bzw. nicht-zahnärztliches Personal stellt die Ausnahme dar.
Dies bedeutet, dass zulässig delegierte zahnärztliche Leistungen, die von genehmigten Assistenten, Vertretern oder angestellten Zahnärzten erbracht werden, persönliche Leistungen des Praxisinhabers darstellen.
Eine zulässige Delegation an nicht-zahnärztliches Personal ist dagegen dann möglich, wenn der Zahnarzt diese anordnet, fachlich überwacht und die Hilfsperson zur jeweiligen Verrichtung ausreichend qualifiziert ist. Entscheidend sind hierbei jedoch im konkreten Einzelfall die Art der Leistung sowie die Qualifikation des Personals. So sind beispielsweise operative Eingriffe, Untersuchungen und Beratungen bzw. Aufklärungen von Patienten nicht delegationsfähig.
Abschließend ist auf weitere disziplinarrechtlich relevante vertragszahnärztliche Pflichten hinzuweisen:
Pflicht zur Behandlungsübernahme (vgl. Behandlungspflicht des Vertragszahnarztes), Verletzung der vertragszahnärztlichen Organisationspflicht bei der Führung der Praxis, andauernder Verstoß gegen die Qualitätspflicht, Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst.
Da im Disziplinarrecht ähnlich dem allgemeinen Strafrecht auch die subjektive Seite der Tat betrachtet wird, ist im Rahmen eines Disziplinarverfahrens auch die persönliche Schuld des betroffenen Zahnarztes zu untersuchen. Hierbei sind dem approbierten und zugelassenen Zahnarzt die von ihm begangenen Pflichtwidrigkeiten regelmäßig auch als schuldhaft zuzurechnen (Urteil des BSG vom 18. Februar 1988, Az. 6 RKa 27/87; Beschluss des BSG vom 31. August 1988, Az. 6 BKa 18/88).